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Alexander Hohmann - Blog des Coachs

Coaching und mehr

Was sagt die Wissenschaft zur Hochsensibilität? Zum dritten Mal trafen sich hochkarätige Namen der Forschung in diesem Bereich. Die beiden ersten Editionen hatten nur virtuell stattgefunden. Die dritte internationale Konferenz über Sensitivitätsforschung fand am 23. Mai 2025 erstmals vor Ort in der University of Surrey in England statt. Sie wurde auch online übertragen. Gastgeber war Michael Pluess, der vor Kurzem von der Queen-Mary- Universität in London nach Surrey gewechselt ist. Auf die Keynote folgten kürzere Studienpräsentationen und eine anschließende Schlussrunde über Hochsensibilität und psychische Gesundheit. Begriffe: Hier ist sowohl von Hochsensibilität (HSP = hochsensible Personen) als von Sensorischer Verarbeitungssensitivität (sensory processing sensitivity = SPS) die Rede. Beides bedeutet das gleiche, doch SPS ist der wissenschaftlichere Begriff. Auch der Begriff der Umweltsensitivität wird im Forschungsbereich vermehrt genutzt. Im Folgenden meinen alle drei Begriffe das Gleiche. Der folgende Bericht eines Online-Teilnehmers hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Fehlerfreiheit.

Inhalt des 1. Teils:

Neurologie der Hochsensibilität – Forschung an Mensch und Tier Hochsensibilität und Drogen – ein Tierversuch Umweltsensitivität in Verbindung mit positiven Emotionen, Naturverbundenheit, Klimaangst Hochsensibilität und Verdauung Hochsensibilität bei Schulkindern Umweltsensitivität bei syrischen Flüchtlingskindern Einfluss der kindlichen Reizbarkeit auf die Wirkung von elterlichen Erziehungsmaßnahmen Klicken Sie hier, um zum Teil 2 zu kommen

Keynote: Neurologie der Hochsensibilität – Forschung an

Mensch und Tier

Die erste Keynote hielt Prof. Judith Homberg vom niederländischen Radboud University Medical Centre. Sie versucht, hochsensible Gehirne bei Mensch und Tier zu verstehen, und nutzt dafür die Werkzeuge der Hirnforschung. Was passiert eigentlich, wenn ein neuer sensorischer Reiz auftaucht, z.B. ein Geräusch oder eine Änderung der Temperatur? Der Reiz meldet sich sozusagen am Empfang an. Im Gehirn ist das das „Salience Network“. Dort wird grob auf eine von zwei Möglichkeiten geprüft: Kann der Reiz ignoriert oder von den Hintergrundfunktionen des Gehirns verarbeitet werden? Dann wird er an das Ruhezustandnetzwerk übergeben („Default Mode Network“ – vor allem um den dorsal-medialen präfrontalen Kortex herum zentriert). Der Reiz wird nicht bewusst wahrgenommen. Ist möglicherweise eine Handlung erforderlich, weil zum Beispiel eine Gefahr lauern könnte? Dann gibt der Empfang den Reiz stattdessen an das „Frontoparietale Netzwerk“ weiter („Central Executive Network“). Der Reiz wird nun bewusst wahrgenommen. Für die Integration von externen sensorischen Reizen mit inneren Emotionen und Gefühlen ist Im Gehirn insbesondere die Insula bzw. Inselrinde zuständig. Ein paar interessante Studienergebnisse Menschen mit Hochsensibilität reagieren intensiver auf Bilder mit schwierigen Inhalten – aber nur dann, wenn sie eine gute Kindheit hatten! Bei Menschen mit schwieriger bis traumatischer Kindheit ist zwischen HSP und Normalsensiblen kein Unterschied in der Reaktion auf schwierige Bilder messbar. Wendet man bei Menschen in einer ruhenden Haltung ein EEG (Elektroenzephalogramm) an, bleibt das Gehirn von HSP selbst im Ruhezustand aktiver als das von Normalsensiblen - aber nur, wenn die Augen offen sind! Mit geschlossenen Augen sind die EEG beider Gruppen vergleichbar. Prof. Homberg forscht auch viel an Tieren. Das Problem ist, dass Tiere keine Hochsensibilitäts-Fragebögen ausfüllen. Also haben sie ein Modell entwickelt, das bei Tieren nach vier Anzeichen für Hochsensibilität sucht: Erhöhte emotionale Reaktivität Tiefere Verarbeitung von sensorischen Informationen Größere Aufmerksamkeit auf Umweltreize Erhöhte Neigung zu Überreizung Versuchsratten wurden durch ein Labyrinth geschickt. Die mutmaßlich hochsensiblen Ratten fielen durch folgende Verhalten auf: häufiges Erstarren, erhöhte Schreckhaftigkeit, mehr Hemmungen im Verhalten. Hochsensibilität und Drogen – ein Tierversuch Kann die Hochsensibilität und damit verbundene Neigung zur Überreizung zu mehr Konsum von Alkohol und Drogen führen? Dieser Frage ging ein weiteres Experiment nach. Versuchsratten wurden unter Stress gesetzt und konnten sich durch Selbstbedienung mit beliebigen Mengen Kokain versorgen. Tatsächlich nahmen hochsensible Ratten messbar mehr Kokain zu sich. Außerdem wurde ein Unterschied in den Nervenbotenstoffen bei hochsensiblen Ratten festgestellt: Sie hatten mehr Glutamat und weniger GABA als normalsensible Ratten. Das ist ein Hinweis darauf, dass Hochsensibilität mit weniger GABA-Neuronen verbunden sein könnte – zumindest bei Ratten. Ebenfalls interessant: Das Gehirn einer hochsensiblen Ratte reagiert stärker auf die gleiche Menge Kokain, als das einer normalsensiblen. Dafür gibt es bisher noch keine Erklärung. Vermutet wird, dass sich hochsensible Rattenhirne in der Selbstregulierung mehr anstrengen müssen, um bei Umweltreizen ein Gleichgewicht zwischen Aktivierung und Inhibition zu halten. Auf Menschen übertragen würde das bedeuten: Hochsensible Personen werden von Sinnesreizen intensiver aktiviert, als normalsensible. Sie könnten grundsätzlich weniger Inbihitionsmechanismen aufweisen, um Reize abzufedern und herauszufiltern. Für die Selbstregulierung gegenüber Sinnesreizen könnte eine geringere Bandbreite zwischen Aktivieren und Hemmen zur Verfügung stehen. Warum scheint die Aktivierungsschwelle des „Frontoparietalen Netzwerks“ („Central Executive Network“) niedriger zu liegen? Ein vermuteter Grund: Vom Nervenbotenstoff Glutamat ist mehr und von GABA weniger verfügbar. Eine intensivere Aktivierung durch Reize aus der äußeren und inneren Welt führt auch dazu, dass die Schwelle der Überreizung früher erreicht wird. Aktivierende vs. hemmende Neurone Grundsätzlich gibt es in einem Gehirn zwei Arten von Neuronen: aktivierende („excitatory neurons“) und hemmende („inhibiting neurons“). Es funktioniert also ein bisschen wie Gaspedal und Bremse. In der Summe von aktivierender und hemmender Wirkung entsteht ein Gleichgewicht auf einem bestimmten Niveau. In einem Koma beispielsweise sind die hemmenden Neuronen übermächtig. In einem hochsensiblen Gehirn könnte die Wirkung der hemmende Neuronen niedriger liegen, die der aktivierenden Neuronen hingegen höher. In der Summe pendelt sich eine andere Balance zwischen aktivierenden und hemmenden Neuronen ein, als bei Normalsensiblen. Sehen und fühlen HSP mehr als andere? Eine immer wieder auftauchende Frage ist auch: Sehen und fühlen Hochsensible grundsätzlich Sinnesreize stärker? Oder ist der Sinnesreiz zunächst der gleiche wie bei anderen, und erst die darauffolgende interne Verarbeitung ist eine andere? Hier gibt es aktuell folgenden Konsens in der Forschung: Hochsensible nehmen Sinnesreize zunächst nicht intensiver wahr als Normalsensible. Aber die darauffolgende Verarbeitung dieser Reize hat möglicherweise weniger Filter zur Verfügung.

Hochsensibilität in Verbindung mit positiven Emotionen,

Naturverbundenheit, Klimaangst

Dr. Annalisa Setti vom University College in Cork (Irland) forscht über SPS (sensorische Verarbeitungssensitivität), positive Emotionen und die Rolle der Naturverbundenheit. Sie stelle sich folgende zentrale Frage: Wie gestaltet sich die Verbindung zur Natur im Detail? Und wie hilft sie, unser Wohlbefinden und unsere Kognition zu verbessern? Hier ein paar Erkenntnisse, die sowohl durch quantitative als durch qualitative Daten untermauert sind: Bei Hochsensiblen ist im Durchschnitt eine stärkere Verbindung zur Natur vorhanden, als bei Normalsensiblen. HSP weisen einerseits häufigere umweltschützende Verhaltensweisen, andererseits auch mehr Klimaangst auf. Dies kann damit zu tun haben, dass HSP mehr zum Grübeln neigen. HSP sind in ihrem Wohlbefinden stärker als Normalsensible beeinträchtigt, wenn sie sich in einem chaotischen Umfeld befinden. Allerdings ist diese negative Wirkung geringer, wenn eine stärkere Naturverbundenheit vorhanden ist. Interessanterweise ist diese positive Wirkung bei älteren Menschen (über 60) stärker als bei Menschen mittleren Alters. HSP reagieren positiver als Normalsensible auf das Anschauen eines schönen Naturvideos. Wenn Menschen eine geringe Verbindung zur Natur haben, wirkt sich auf HSP negativer aus, als auf Normalsensible. Das bestätigt, wie wichtig die Präsenz von Natur für HSP ist. In der kurzen Fragerunde kam die Frage auf, ob HSP durch ihre intensivere Reaktion auf den Klimawandel auch zu mehr Klimaaktivitismus tendieren. Die Antwort ist nicht bekannt. Jedoch bringt jede Form von Aktivismus ihre eigenen Herausforderungen mit, vor denen sich HSP vielleicht mehr sträuben, als andere.

Hochsensibilität und Verdauung

Dr. Shuhei Iimura von der Soka-Universität in Tokyo (Japan) sprach über die Zusammenhänge zwischen Hochsensibilität und Verdauung bei Teenagern. Bekannt ist schon länger, dass Hochsensible wahrscheinlich anfälliger in ihrer psychischen Gesundheit sind. Insbesondere die Neigung zu Ängstlichkeit und Depression erscheint erhöht. Doch wie ist es im Bereich der körperlichen Gesundheit? Da geht man schon seit einiger Zeit (Benham, 2006) einer Verbindung zwischen Hochsensibilität und häufigeren körperlichen Symptomen nach. Dazu gehören Rücken-, Bauch- und Kopfschmerzen, Durchfall und Schlafstörungen. Doch ist die Studienlage zu körperlichen Symptomen unklarer, als zu psychischen. Es fehlt insbesondere eine Metastudie. Dr. Iimura hat drei Studien betreut und dabei folgende Erkenntnisse gewonnen: Fragt man Menschen nach eventuellen Verdauungsstörungen innerhalb der letzten sieben Tage, berichten HSP häufiger als andere von Reflux, Reizmagen, Bauchschmerzen, Verstopfung und Durchfall. Bei geringer Vielfalt der Darmflora korreliert Hochsensibilität mit erhöhten Entzündungsmarkern (hoher Anteil an C-reaktivem Protein = CRP). Und erhöhte Entzündungsmarker sind auch oft bei depressiven Menschen vorhanden. HSP haben höhere Entzündungserscheinungen als andere Personen, wenn ihre Darmflora niedrige Anteile an den Bakteriengattungen Marinifilaceae und Butyricimonas enthält. Es gibt allerdings keine Hinweise darauf, dass HSP grundsätzlich eine andere Zusammensetzung des Mikrobioms (Darmflora) als andere haben. Die Wichtigkeit der Darmflora - in Zusammenhang etwa mit Depressionen - hat sich in erstaunlichen Experimenten gezeigt: Bei depressiven Menschen wurde eine Stuhlprobe entnommen und gesunden Mäusen transplantiert. Daraufhin entwickelten die Mäuse ebenfalls Anzeichen von Depression! Übrigens berichten auch Menschen mit Autismus häufiger als andere von Verdauungsstörungen. Die Einnahme von bestimmten Nahrungszusätzen kann mutmaßlich die psychische Gesundheit erhöhen. Auf jeden Fall erhöht ein gesundes Verdauungssystem die allgemeine Gesundheit von HSP – körperlich und seelisch.

Hochsensibilität bei Schulkindern

Dr. Monika Baryła-Matejczuk (Universität für Wirtschaft und Innovation in Lubin, Polen) hat Grundschulkinder der ersten drei Schuljahrgänge aus fünf Schulen in Mittel- und Ostpolen studiert. Die Gruppen wurden auch auf verschiedene Formen der Neurodiversität kontrolliert, um eine Verwechslung der Hochsensibilität mit anderen Persönlichkeitsmerkmalen zu vermeiden. Dabei bestätigten sich zahlreiche bekannte oder vermutete Eigenschaften hochsensibler Kinder in verschiedenen Bereichen des Erlebens: Körperbereich: erhöhte Körperwahrnehmung, bei Stress ein Hang zu körperlichen Symptomen, intensiveres Empfinden von Unbehagen, intensivere Reaktion auf Lärm, Licht, Texturen sowie auf eine Reizflut, Bedarf an einem strukturierten Umfeld mit eingebauten Pausen in einem reizarmen Umfeld. Interessanterweise entwickeln sie häufig ganz von selbst Strategien, um mit einer Reizflut besser umzugehen. Zwischenmenschlichkeit: Hang zum Alleinsein oder zu sehr kleinen Gruppen. Sie beobachten zwischenmenschliche Situationen eine Weile lang vor einer Teilnahme, erscheinen von außen oft als schüchtern oder zurückgezogen. Sie sind sozial engagiert, bei der Auswahl der Engagements aber wählerisch. Sie tendieren dazu, sich für andere einzusetzen und bevorzugen authentische Beziehungen. Oft suchen sie die Anerkennung anderer, tendieren dazu, Autoritätspersonen gefallen zu wollen, und reagieren empfindlich auf Kritik oder Ablehnung. Emotionaler Bereich: Emotionen werden oft innerlich zurückgehalten, bis es zu viel wird. Nach außen können sie ruhig wirken, obwohl sich im Inneren viele Emotionen abspielen. Sie suchen nach emotionaler Sicherheit und Vorhersehbarkeit und können in einer neuen oder unstrukturierten Situation ängstlich werden. Klare Erwartungen und Routinen tun ihnen gut. Wenn emotionale Reaktionen kommen, kommen sie schnell, erscheinen mitunter übertrieben, und sie benötigen Unterstützung bei der Selbstregulierung. Bei der emotionalen Selbstregulierung wirkt ein Aufenthalt in der Natur unterstützend und beruhigend. Diese Kinder zeigen häufig Empathie für Tiere und Umwelt. Sie können intensiv auf die Gefühle und Emotionen von anderen reagieren, sorgen sich oft um deren Wohlbefinden, und können ein emotionales Ambiente regelrecht aufsaugen. Kognition: Lernprozesse werden langsam angegangen. Schritt-für-Schritt- Anleitungen werden bevorzugt. Erhöhte Fähigkeiten zu tieferer Informationsverarbeitung, Analyse und kritischem Denken, erhöhter Sinn für Gerechtigkeit und Ethik. Sie sind neugierig, selbstreflektiert, schätzen geistige Herausforderungen und finden kreative Lösungen. Selbstkritisch, Tendenz zum Perfektionismus, Angst vor Fehlern. Im künstlerischen Bereich finden sich oft viel Kreativität und Fantasie im Denken und im Ausdruck, und Kunst kann als Mittel für die Verarbeitung von Eindrücken und zum Sich-Ausdrücken genutzt werden. Aus diesen Beobachtungen ergeben sich Lehren für den Umgang mit hochsensiblen Kindern im Schulbereich. Insbesondere wäre es wichtig, dass Lehrkräfte zu Merkmalen der Hochsensibilität und dem Umgang mit diesen Kindern informiert und ausgebildet werden. So können sich hochsensible Kinder sicher fühlen und aufblühen. Anpassungen sind in folgenden Bereichen wünschenswert: unmittelbares Umfeld (Klassenraum), erweitertes Umfeld (Schule, Strukturen, Zeiten, Pausen, Lehrpläne, Protokolle, emotionale Unterstützung für Kinder und Lehrkräfte…). Idealerweise sollte eine Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und Eltern stattfinden, um den gesamten Tagesablauf um schulischen und privaten Bereich abzustimmen.

Umweltsensitivität bei syrischen Flüchtlingskindern

Dr. Andrew May von der Universität von Surrey suchte nach Merkmalen, die auf eine Umweltsensitivität bei geflüchteten syrischen Kindern schließen lassen. Dabei ist er sich dessen bewusst, dass es noch viele Unbekannte in den folgenden Wissensbereichen gibt: Was ist der genetische Anteil an der Umweltsensitivität? Wie wird die Umweltsensitivität durch die Kindheit „kalibriert“? Es wurden 1.409 Kinder mit einem Altersdurchschnitt von 11 Jahren beobachtet und 40 Variablen berücksichtigt. Die Empfindsamkeit der Kinder wurde durch Selbstauskunft eingeschätzt. Die Hypothese war, dass hochsensible Kinder stärker auf ein negatives Umfeld reagieren. Diese Suche war Bestandteil einer größeren Studie namens BIOPATH (Biological Pathways of Risk and Resilience Study). Die Ergebnisse bei Kindern mit erhöhter Umweltsensitivität: Niedrigere Sensitivitätsschwellen der Kinder korrelieren mit selbst erlebtem Kriegsgeschehen, aber auch mit posttraumatischen Stressstörungen bei der Mutter. Außerdem reagieren sie deutlicher als andere Kinder auf ein besonders belastendes Umfeld, aber auch umgekehrt auf ein besonders unterstützendes Umfeld. Weitere Studien sollen insbesondere die spontanen Strategien dieser Kinder beleuchten, mit den Situationen umzugehen („coping“). Michael Pluess fügte in der anschließenden Diskussion hinzu, dass eine Studie zeigt, dass Hochsensibilität der deutlichste Faktor ist, um eine niedrige Resilienz vorherzusagen. Anders gesagt: HSP haben im Schnitt weniger Resilienz als andere.

Einfluss der kindlichen Reizbarkeit auf die Wirkung von

elterlichen Erziehungsmaßnahmen

Dr. Danni Liu untersucht derzeit in einer laufenden Studie, wie unterstützende und strafende elterliche Erziehungsmaßnahmen (z.B. Lob, Bestätigung, Ausschimpfen, Bestrafung, Erziehung durch Vorleben usw.) bei Kindern unterschiedlicher Reizbarkeit („irritability“) wirken. Mit Reizbarkeit ist nicht Sensibilität gemeint. Dass Erziehungsprogramme wirken, wenn sie von psychologischen Erkenntnissen gestützt sind, ist gesetzt, insbesondere um disruptive frühkindliche Verhaltensweisen einzufangen. Dadurch können die wechselseitigen Zwangsinterventionen, wie von Gerald Patterson beschrieben, durch geeignetere Interventionen ersetzt werden. Beim Patterson’schen Kreis führt unerwünschtes kindliches Verhalten zu elterlichen Strafen, auf die das Kind mit noch intensiveren Verhalten reagiert, sodass es immer wieder zu einem eskalierenden Kreislauf kommt. Diese Kreisläufe richten sich dann als wiederkehrende, automatische Abläufe im Familiensystem ein. Man kann sie zum Beispiel durch solche ersetzen, bei denen Eltern gewaltfreie Maßnahmen treffen und positiv erlebtes kindliches Verhalten positiv bestätigen und bekräftigen, um ebensolche Verhalten auszuprägen. Dabei wirkt auch, was von den Eltern vorgelebt wird. Für die aktuelle Studie ist die Hypothese folgende: Hochsensible Kinder könnten stärker auf Erziehungsprogramme ansprechen, wenn sie neben der Hochsensibilität auch überdurchschnittlich reizbar sind. Kinder mit geringer Reizbarkeit dürften weniger darauf ansprechen, weil sie sich besser an elterliche Verhaltensweisen anpassen können. Kinder mit mittlerer Reizbarkeit dürften am wenigsten ansprechen, weil dort Verhaltensweise am schwersten zu ändern sind. Zum Zeitpunkt der Präsentation gab es noch kein endgültiges Ergebnis. Fortsetzung: Klicken Sie hier, um zum Teil 2 zu kommen Lesen Sie auch: Gipfeltreffen der Hochsensibilitätsforschung 2024: ein Bericht Coaching für hochsensible Menschen Hochsensibilität am Arbeitsplatz und im Management Schattenseiten der Hochsensibilität Weitere Artikel und Blogs Ablauf einer ersten Coachingsitzung Kontakt und Terminvereinbarung
Was sagt die Wissenschaft zur Hochsensibilität? Zum dritten Mal trafen sich hochkarätige Namen der Forschung in diesem Bereich. Die beiden ersten Editionen hatten nur virtuell stattgefunden. Die dritte internationale Konferenz über Sensitivitätsforschung fand am 23. Mai 2025 erstmals vor Ort in der University of Surrey in England statt. Sie wurde auch online übertragen. Gastgeber war Michael Pluess, der vor Kurzem von der Queen-Mary-Universität in London nach Surrey gewechselt ist. Auf die Keynote folgten kürzere Studienpräsentationen und eine anschließende Schlussrunde über Hochsensibilität und psychische Gesundheit. Begriffe: Hier ist sowohl von Hochsensibilität (HSP = hochsensible Personen) als von Sensorischer Verarbeitungssensitivität (sensory processing sensitivity = SPS) die Rede. Beides bedeutet das gleiche, doch SPS ist der wissenschaftlichere Begriff. Auch der Begriff der Umweltsensitivität wird im Forschungsbereich vermehrt genutzt. Im Folgenden meinen alle drei Begriffe das Gleiche. Der folgende Bericht eines Online-Teilnehmers hat keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Fehlerfreiheit.

Inhalt des 1. Teils:

Neurologie der Hochsensibilität – Forschung an Mensch und Tier Hochsensibilität und Drogen – ein Tierversuch Umweltsensitivität in Verbindung mit positiven Emotionen, Naturverbundenheit, Klimaangst Hochsensibilität und Verdauung Hochsensibilität bei Schulkindern Umweltsensitivität bei syrischen Flüchtlingskindern Einfluss der kindlichen Reizbarkeit auf die Wirkung von elterlichen Erziehungsmaßnahmen Klicken Sie hier, um zum Teil 2 zu kommen

Keynote: Neurologie der

Hochsensibilität – Forschung an

Mensch und Tier

Die erste Keynote hielt Prof. Judith Homberg vom niederländischen Radboud University Medical Centre. Sie versucht, hochsensible Gehirne bei Mensch und Tier zu verstehen, und nutzt dafür die Werkzeuge der Hirnforschung. Was passiert eigentlich, wenn ein neuer sensorischer Reiz auftaucht, z.B. ein Geräusch oder eine Änderung der Temperatur? Der Reiz meldet sich sozusagen am Empfang an. Im Gehirn ist das das „Salience Network“. Dort wird grob auf eine von zwei Möglichkeiten geprüft: Kann der Reiz ignoriert oder von den Hintergrundfunktionen des Gehirns verarbeitet werden? Dann wird er an das Ruhezustandnetzwerk übergeben („Default Mode Network“ – vor allem um den dorsal- medialen präfrontalen Kortex herum zentriert). Der Reiz wird nicht bewusst wahrgenommen. Ist möglicherweise eine Handlung erforderlich, weil zum Beispiel eine Gefahr lauern könnte? Dann gibt der Empfang den Reiz stattdessen an das „Frontoparietale Netzwerk“ weiter („Central Executive Network“). Der Reiz wird nun bewusst wahrgenommen. Für die Integration von externen sensorischen Reizen mit inneren Emotionen und Gefühlen ist Im Gehirn insbesondere die Insula bzw. Inselrinde zuständig. Ein paar interessante Studienergebnisse Menschen mit Hochsensibilität reagieren intensiver auf Bilder mit schwierigen Inhalten – aber nur dann, wenn sie eine gute Kindheit hatten! Bei Menschen mit schwieriger bis traumatischer Kindheit ist zwischen HSP und Normalsensiblen kein Unterschied in der Reaktion auf schwierige Bilder messbar. Wendet man bei Menschen in einer ruhenden Haltung ein EEG (Elektroenzephalogramm) an, bleibt das Gehirn von HSP selbst im Ruhezustand aktiver als das von Normalsensiblen - aber nur, wenn die Augen offen sind! Mit geschlossenen Augen sind die EEG beider Gruppen vergleichbar. Prof. Homberg forscht auch viel an Tieren. Das Problem ist, dass Tiere keine Hochsensibilitäts- Fragebögen ausfüllen. Also haben sie ein Modell entwickelt, das bei Tieren nach vier Anzeichen für Hochsensibilität sucht: Erhöhte emotionale Reaktivität Tiefere Verarbeitung von sensorischen Informationen Größere Aufmerksamkeit auf Umweltreize Erhöhte Neigung zu Überreizung Versuchsratten wurden durch ein Labyrinth geschickt. Die mutmaßlich hochsensiblen Ratten fielen durch folgende Verhalten auf: häufiges Erstarren, erhöhte Schreckhaftigkeit, mehr Hemmungen im Verhalten. Hochsensibilität und Drogen – ein Tierversuch Kann die Hochsensibilität und damit verbundene Neigung zur Überreizung zu mehr Konsum von Alkohol und Drogen führen? Dieser Frage ging ein weiteres Experiment nach. Versuchsratten wurden unter Stress gesetzt und konnten sich durch Selbstbedienung mit beliebigen Mengen Kokain versorgen. Tatsächlich nahmen hochsensible Ratten messbar mehr Kokain zu sich. Außerdem wurde ein Unterschied in den Nervenbotenstoffen bei hochsensiblen Ratten festgestellt: Sie hatten mehr Glutamat und weniger GABA als normalsensible Ratten. Das ist ein Hinweis darauf, dass Hochsensibilität mit weniger GABA-Neuronen verbunden sein könnte zumindest bei Ratten. Ebenfalls interessant: Das Gehirn einer hochsensiblen Ratte reagiert stärker auf die gleiche Menge Kokain, als das einer normalsensiblen. Dafür gibt es bisher noch keine Erklärung. Vermutet wird, dass sich hochsensible Rattenhirne in der Selbstregulierung mehr anstrengen müssen, um bei Umweltreizen ein Gleichgewicht zwischen Aktivierung und Inhibition zu halten. Auf Menschen übertragen würde das bedeuten: Hochsensible Personen werden von Sinnesreizen intensiver aktiviert, als normalsensible. Sie könnten grundsätzlich weniger Inbihitionsmechanismen aufweisen, um Reize abzufedern und herauszufiltern. Für die Selbstregulierung gegenüber Sinnesreizen könnte eine geringere Bandbreite zwischen Aktivieren und Hemmen zur Verfügung stehen. Warum scheint die Aktivierungsschwelle des „Frontoparietalen Netzwerks“ („Central Executive Network“) niedriger zu liegen? Ein vermuteter Grund: Vom Nervenbotenstoff Glutamat ist mehr und von GABA weniger verfügbar. Eine intensivere Aktivierung durch Reize aus der äußeren und inneren Welt führt auch dazu, dass die Schwelle der Überreizung früher erreicht wird. Aktivierende vs. hemmende Neurone Grundsätzlich gibt es in einem Gehirn zwei Arten von Neuronen: aktivierende („excitatory neurons“) und hemmende („inhibiting neurons“). Es funktioniert also ein bisschen wie Gaspedal und Bremse. In der Summe von aktivierender und hemmender Wirkung entsteht ein Gleichgewicht auf einem bestimmten Niveau. In einem Koma beispielsweise sind die hemmenden Neuronen übermächtig. In einem hochsensiblen Gehirn könnte die Wirkung der hemmende Neuronen niedriger liegen, die der aktivierenden Neuronen hingegen höher. In der Summe pendelt sich eine andere Balance zwischen aktivierenden und hemmenden Neuronen ein, als bei Normalsensiblen. Sehen und fühlen HSP mehr als andere? Eine immer wieder auftauchende Frage ist auch: Sehen und fühlen Hochsensible grundsätzlich Sinnesreize stärker? Oder ist der Sinnesreiz zunächst der gleiche wie bei anderen, und erst die darauffolgende interne Verarbeitung ist eine andere? Hier gibt es aktuell folgenden Konsens in der Forschung: Hochsensible nehmen Sinnesreize zunächst nicht intensiver wahr als Normalsensible. Aber die darauffolgende Verarbeitung dieser Reize hat möglicherweise weniger Filter zur Verfügung.

Hochsensibilität in Verbindung

mit positiven Emotionen,

Naturverbundenheit, Klimaangst

Dr. Annalisa Setti vom University College in Cork (Irland) forscht über SPS (sensorische Verarbeitungssensitivität), positive Emotionen und die Rolle der Naturverbundenheit. Sie stelle sich folgende zentrale Frage: Wie gestaltet sich die Verbindung zur Natur im Detail? Und wie hilft sie, unser Wohlbefinden und unsere Kognition zu verbessern? Hier ein paar Erkenntnisse, die sowohl durch quantitative als durch qualitative Daten untermauert sind: Bei Hochsensiblen ist im Durchschnitt eine stärkere Verbindung zur Natur vorhanden, als bei Normalsensiblen. HSP weisen einerseits häufigere umweltschützende Verhaltensweisen, andererseits auch mehr Klimaangst auf. Dies kann damit zu tun haben, dass HSP mehr zum Grübeln neigen. HSP sind in ihrem Wohlbefinden stärker als Normalsensible beeinträchtigt, wenn sie sich in einem chaotischen Umfeld befinden. Allerdings ist diese negative Wirkung geringer, wenn eine stärkere Naturverbundenheit vorhanden ist. Interessanterweise ist diese positive Wirkung bei älteren Menschen (über 60) stärker als bei Menschen mittleren Alters. HSP reagieren positiver als Normalsensible auf das Anschauen eines schönen Naturvideos. Wenn Menschen eine geringe Verbindung zur Natur haben, wirkt sich auf HSP negativer aus, als auf Normalsensible. Das bestätigt, wie wichtig die Präsenz von Natur für HSP ist. In der kurzen Fragerunde kam die Frage auf, ob HSP durch ihre intensivere Reaktion auf den Klimawandel auch zu mehr Klimaaktivitismus tendieren. Die Antwort ist nicht bekannt. Jedoch bringt jede Form von Aktivismus ihre eigenen Herausforderungen mit, vor denen sich HSP vielleicht mehr sträuben, als andere.

Hochsensibilität und Verdauung

Dr. Shuhei Iimura von der Soka-Universität in Tokyo (Japan) sprach über die Zusammenhänge zwischen Hochsensibilität und Verdauung bei Teenagern. Bekannt ist schon länger, dass Hochsensible wahrscheinlich anfälliger in ihrer psychischen Gesundheit sind. Insbesondere die Neigung zu Ängstlichkeit und Depression erscheint erhöht. Doch wie ist es im Bereich der körperlichen Gesundheit? Da geht man schon seit einiger Zeit (Benham, 2006) einer Verbindung zwischen Hochsensibilität und häufigeren körperlichen Symptomen nach. Dazu gehören Rücken-, Bauch- und Kopfschmerzen, Durchfall und Schlafstörungen. Doch ist die Studienlage zu körperlichen Symptomen unklarer, als zu psychischen. Es fehlt insbesondere eine Metastudie. Dr. Iimura hat drei Studien betreut und dabei folgende Erkenntnisse gewonnen: Fragt man Menschen nach eventuellen Verdauungsstörungen innerhalb der letzten sieben Tage, berichten HSP häufiger als andere von Reflux, Reizmagen, Bauchschmerzen, Verstopfung und Durchfall. Bei geringer Vielfalt der Darmflora korreliert Hochsensibilität mit erhöhten Entzündungsmarkern (hoher Anteil an C- reaktivem Protein = CRP). Und erhöhte Entzündungsmarker sind auch oft bei depressiven Menschen vorhanden. HSP haben höhere Entzündungserscheinungen als andere Personen, wenn ihre Darmflora niedrige Anteile an den Bakteriengattungen Marinifilaceae und Butyricimonas enthält. Es gibt allerdings keine Hinweise darauf, dass HSP grundsätzlich eine andere Zusammensetzung des Mikrobioms (Darmflora) als andere haben. Die Wichtigkeit der Darmflora - in Zusammenhang etwa mit Depressionen - hat sich in erstaunlichen Experimenten gezeigt: Bei depressiven Menschen wurde eine Stuhlprobe entnommen und gesunden Mäusen transplantiert. Daraufhin entwickelten die Mäuse ebenfalls Anzeichen von Depression! Übrigens berichten auch Menschen mit Autismus häufiger als andere von Verdauungsstörungen. Die Einnahme von bestimmten Nahrungszusätzen kann mutmaßlich die psychische Gesundheit erhöhen. Auf jeden Fall erhöht ein gesundes Verdauungssystem die allgemeine Gesundheit von HSP – körperlich und seelisch.

Hochsensibilität bei

Schulkindern

Dr. Monika Baryła-Matejczuk (Universität für Wirtschaft und Innovation in Lubin, Polen) hat Grundschulkinder der ersten drei Schuljahrgänge aus fünf Schulen in Mittel- und Ostpolen studiert. Die Gruppen wurden auch auf verschiedene Formen der Neurodiversität kontrolliert, um eine Verwechslung der Hochsensibilität mit anderen Persönlichkeitsmerkmalen zu vermeiden. Dabei bestätigten sich zahlreiche bekannte oder vermutete Eigenschaften hochsensibler Kinder in verschiedenen Bereichen des Erlebens: Körperbereich: erhöhte Körperwahrnehmung, bei Stress ein Hang zu körperlichen Symptomen, intensiveres Empfinden von Unbehagen, intensivere Reaktion auf Lärm, Licht, Texturen sowie auf eine Reizflut, Bedarf an einem strukturierten Umfeld mit eingebauten Pausen in einem reizarmen Umfeld. Interessanterweise entwickeln sie häufig ganz von selbst Strategien, um mit einer Reizflut besser umzugehen. Zwischenmenschlichkeit: Hang zum Alleinsein oder zu sehr kleinen Gruppen. Sie beobachten zwischenmenschliche Situationen eine Weile lang vor einer Teilnahme, erscheinen von außen oft als schüchtern oder zurückgezogen. Sie sind sozial engagiert, bei der Auswahl der Engagements aber wählerisch. Sie tendieren dazu, sich für andere einzusetzen und bevorzugen authentische Beziehungen. Oft suchen sie die Anerkennung anderer, tendieren dazu, Autoritätspersonen gefallen zu wollen, und reagieren empfindlich auf Kritik oder Ablehnung. Emotionaler Bereich: Emotionen werden oft innerlich zurückgehalten, bis es zu viel wird. Nach außen können sie ruhig wirken, obwohl sich im Inneren viele Emotionen abspielen. Sie suchen nach emotionaler Sicherheit und Vorhersehbarkeit und können in einer neuen oder unstrukturierten Situation ängstlich werden. Klare Erwartungen und Routinen tun ihnen gut. Wenn emotionale Reaktionen kommen, kommen sie schnell, erscheinen mitunter übertrieben, und sie benötigen Unterstützung bei der Selbstregulierung. Bei der emotionalen Selbstregulierung wirkt ein Aufenthalt in der Natur unterstützend und beruhigend. Diese Kinder zeigen häufig Empathie für Tiere und Umwelt. Sie können intensiv auf die Gefühle und Emotionen von anderen reagieren, sorgen sich oft um deren Wohlbefinden, und können ein emotionales Ambiente regelrecht aufsaugen. Kognition: Lernprozesse werden langsam angegangen. Schritt-für-Schritt-Anleitungen werden bevorzugt. Erhöhte Fähigkeiten zu tieferer Informationsverarbeitung, Analyse und kritischem Denken, erhöhter Sinn für Gerechtigkeit und Ethik. Sie sind neugierig, selbstreflektiert, schätzen geistige Herausforderungen und finden kreative Lösungen. Selbstkritisch, Tendenz zum Perfektionismus, Angst vor Fehlern. Im künstlerischen Bereich finden sich oft viel Kreativität und Fantasie im Denken und im Ausdruck, und Kunst kann als Mittel für die Verarbeitung von Eindrücken und zum Sich- Ausdrücken genutzt werden. Aus diesen Beobachtungen ergeben sich Lehren für den Umgang mit hochsensiblen Kindern im Schulbereich. Insbesondere wäre es wichtig, dass Lehrkräfte zu Merkmalen der Hochsensibilität und dem Umgang mit diesen Kindern informiert und ausgebildet werden. So können sich hochsensible Kinder sicher fühlen und aufblühen. Anpassungen sind in folgenden Bereichen wünschenswert: unmittelbares Umfeld (Klassenraum), erweitertes Umfeld (Schule, Strukturen, Zeiten, Pausen, Lehrpläne, Protokolle, emotionale Unterstützung für Kinder und Lehrkräfte…). Idealerweise sollte eine Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und Eltern stattfinden, um den gesamten Tagesablauf um schulischen und privaten Bereich abzustimmen.

Umweltsensitivität bei syrischen

Flüchtlingskindern

Dr. Andrew May von der Universität von Surrey suchte nach Merkmalen, die auf eine Umweltsensitivität bei geflüchteten syrischen Kindern schließen lassen. Dabei ist er sich dessen bewusst, dass es noch viele Unbekannte in den folgenden Wissensbereichen gibt: Was ist der genetische Anteil an der Umweltsensitivität? Wie wird die Umweltsensitivität durch die Kindheit „kalibriert“? Es wurden 1.409 Kinder mit einem Altersdurchschnitt von 11 Jahren beobachtet und 40 Variablen berücksichtigt. Die Empfindsamkeit der Kinder wurde durch Selbstauskunft eingeschätzt. Die Hypothese war, dass hochsensible Kinder stärker auf ein negatives Umfeld reagieren. Diese Suche war Bestandteil einer größeren Studie namens BIOPATH (Biological Pathways of Risk and Resilience Study). Die Ergebnisse bei Kindern mit erhöhter Umweltsensitivität: Niedrigere Sensitivitätsschwellen der Kinder korrelieren mit selbst erlebtem Kriegsgeschehen, aber auch mit posttraumatischen Stressstörungen bei der Mutter. Außerdem reagieren sie deutlicher als andere Kinder auf ein besonders belastendes Umfeld, aber auch umgekehrt auf ein besonders unterstützendes Umfeld. Weitere Studien sollen insbesondere die spontanen Strategien dieser Kinder beleuchten, mit den Situationen umzugehen („coping“). Michael Pluess fügte in der anschließenden Diskussion hinzu, dass eine Studie zeigt, dass Hochsensibilität der deutlichste Faktor ist, um eine niedrige Resilienz vorherzusagen. Anders gesagt: HSP haben im Schnitt weniger Resilienz als andere.

Einfluss der kindlichen

Reizbarkeit auf die Wirkung von

elterlichen

Erziehungsmaßnahmen

Dr. Danni Liu untersucht derzeit in einer laufenden Studie, wie unterstützende und strafende elterliche Erziehungsmaßnahmen (z.B. Lob, Bestätigung, Ausschimpfen, Bestrafung, Erziehung durch Vorleben usw.) bei Kindern unterschiedlicher Reizbarkeit („irritability“) wirken. Mit Reizbarkeit ist nicht Sensibilität gemeint. Dass Erziehungsprogramme wirken, wenn sie von psychologischen Erkenntnissen gestützt sind, ist gesetzt, insbesondere um disruptive frühkindliche Verhaltensweisen einzufangen. Dadurch können die wechselseitigen Zwangsinterventionen, wie von Gerald Patterson beschrieben, durch geeignetere Interventionen ersetzt werden. Beim Patterson’schen Kreis führt unerwünschtes kindliches Verhalten zu elterlichen Strafen, auf die das Kind mit noch intensiveren Verhalten reagiert, sodass es immer wieder zu einem eskalierenden Kreislauf kommt. Diese Kreisläufe richten sich dann als wiederkehrende, automatische Abläufe im Familiensystem ein. Man kann sie zum Beispiel durch solche ersetzen, bei denen Eltern gewaltfreie Maßnahmen treffen und positiv erlebtes kindliches Verhalten positiv bestätigen und bekräftigen, um ebensolche Verhalten auszuprägen. Dabei wirkt auch, was von den Eltern vorgelebt wird. Für die aktuelle Studie ist die Hypothese folgende: Hochsensible Kinder könnten stärker auf Erziehungsprogramme ansprechen, wenn sie neben der Hochsensibilität auch überdurchschnittlich reizbar sind. Kinder mit geringer Reizbarkeit dürften weniger darauf ansprechen, weil sie sich besser an elterliche Verhaltensweisen anpassen können. Kinder mit mittlerer Reizbarkeit dürften am wenigsten ansprechen, weil dort Verhaltensweise am schwersten zu ändern sind. Zum Zeitpunkt der Präsentation gab es noch kein endgültiges Ergebnis. Fortsetzung: Klicken Sie hier, um zum Teil 2 zu kommen Lesen Sie auch: Gipfeltreffen der Hochsensibilitätsforschung 2024: ein Bericht Coaching für hochsensible Menschen Hochsensibilität am Arbeitsplatz und im Management Schattenseiten der Hochsensibilität Weitere Artikel und Blogs Ablauf einer ersten Coachingsitzung Kontakt und Terminvereinbarung

Alexander Hohmann

Zertifizierter Life Coach

& Business Coach

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